Offener Brief

OFFENER BRIEF

Liebe Trampolinfreunde,

dieses Schreiben bezieht sich auf die Einführung des neuen Wettkampfformates „Deutschlandpokal/ DJMM für LTV“ bzw. auf die Abschaffung der Deutschen Mannschaftsmeisterschaften.

Zunächst möchte ich sagen, dass der neue Wettkampf eine gute Sache ist; ein zusätzlicher Vergleichswettkampf – besonders in der jüngsten Klasse ohne Vergleich: eine Vergleichsmöglichkeit für die LTVs, die vielleicht sogar die Landeskader-Arbeit fördert. Nur kann dieser Wettkampf in keinster Weise die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften ersetzen und ich finde einfach kein standfestes Argument, dass eine solche Streichung, eine solche diktatorische Missachtung des allgemeinen Willens rechtfertigt.

Argumente für die neuen Wettkampfformate

Ausräumung des Titelkonfliktes DMM und Ligasystem bzw. Aufwertung des Ligasystems:

Von einer Ausräumung kann an dieser Stelle keine Rede sein, da die neuen „offenen Deutschen Mannschaftsmeisterschaften“ genau die Aktiven anspricht, die auch in der Liga turnen, und zwar noch mehr als im alten System. Außerdem gibt es sicherlich Vereine, die aus finanziellen, familiären oder sonstigen Gründen an der aufwendigen Ligarunde nicht teilnehmen möchten, und trotzdem einen Mannschaftsvergleich suchen.

Niveauanhebung durch Konzentration der besten Aktiven eines LTV:

Eine solche Niveauverbesserung sehe ich keineswegs. Vielmehr wird es so sein, dass aus guten Landesturnverbänden – z. B. Niedersachsen – immer einige AthletInnen zu Hause bleiben müssen, die bei den herkömmlichen DMM gute Finalchancen gehabt hätten. In schlechteren LTVs kommen dafür Aktive zum Zuge, die nur eine bestimmte, nicht gerade hohe Pflichtübung können müssen!!!??? Abgesehen davon ist eine „Niveauanhebung“ von außen immer recht fragwürdig. Und wofür müssen wir unbedingt das Niveau anheben, für die vielen Zuschauer, für das Fernsehen? Ist es nicht vorerst wichtiger, dass wir Spaß daran haben?

Unterbindung der Wechselspiele zwischen den Vereinen:

Warum soll es keine Wechselspiele mehr geben. Ich gehe davon aus, dass für die offenen DMM und für die Liga weiterhin gewechselt wird „was das Zeug hält“. Je wichtiger und professioneller eine Sportart wird, desto mehr werden die Vereine gewechselt. Da es das Ziel des TKs ist, anerkannt und „professionell“ zu werden, ist es illusionär, zu glauben, man könne Vereinswechsel einschränken.

Argumente für die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften

Der Wille der Trampoliner:

Die Unterschriftenaktion beim Extertal-Cup 2004 (die, soweit ich weiß auch noch andernorts weitergeführt wurde) hat deutlich gezeigt, dass die Mehrheit der „Betroffenen“ gegen die Pläne des TK ist. Vereinfacht ausgedrückt ist es ja so: Es gibt eine Gruppe von Menschen ein Deutschland, die sich als Vereinsmannschaften in Altersgruppen mit einander messen wollen. Der DTB besteht aus bzw. lebt von solchen Menschen. Mit welchem Recht soll diesen Leuten ihr Wunsch verwehrt bleiben?

Keimzelle des Sports

Sowie der Verein (zum Glück immer noch) die Keimzelle des Sports ist, ist die Vereinsarbeit/ das Vereinstraining die Keimzelle des Wettkampf und Leistungssports. Für mich und viele andere Trainer war es immer das Hauptziel, eine oder mehrere gute Mannschaften „hochzuziehen“, die dann bei den Mannschaftswettkämpfen gut abschneidet. Man will seinen Verein repräsentieren.
Viel wichtiger ist, dass es für die Aktiven von enormer Bedeutung ist, in einem passenden sozialen Gefüge zu trainieren. Unter anderem deshalb ist es eben wichtig, dass neben den Top-Turnern auch noch weitere gute, gleichaltrige Springer im Verein trainieren. Aber wofür sollen sie trainieren? Für eine Qualifikation zur Einzelmeisterschaft reicht es nicht, bei Pokalwettkämpfen landen sie unter ferner Liefen, … . Jeder der einige Zeit Vereinstraining betrieben hat, oder sich einmal entsprechenden Studien beschäftigt hat, weiß, dass die Fluktuation im Alter von 13 bis 17 Jahren am höchsten ist. Fluktuation ist ja wohl für keine Sportart wünschenswert, oder? Außerdem ist es besonders für die Top-Turner ein Problem; niemand will alleine trainieren, das macht keinen Spaß. Während sie noch motiviert sind durch die Erfolge, müssen sie mit ansehen, wie die Trainingskameraden einer nach dem anderen aussteigen, und sie werden immer einsamer beim Training. Die Nachwuchshoffnungen werden uns „weglaufen“, noch viel mehr als vorher.
Ich denke man muss sich davon verabschieden, ein zentralistisches Leistungssportsystem, das frühzeitig selektiert, bündelt, zu Stützpunkten/ Leistungszentren/ Internaten überführt, … in einer Konsumgesellschaft wie Deutschland als den alleinigen Weg zum Erfolg zu sehen (von den ethischen Gefahren solcher Systeme will ich hier gar nicht erst sprechen).

Masse und Klasse

Unsere Sportart voranzutreiben heißt auch oder besonders, so viele Menschen wie möglich dazu zu bringen, sie auszuüben. Eine Sportart, die Viele betreiben, die ist etwas. Zudem ist allen bewusst, dass Masse nicht automatisch Klasse bringt, aber es ist doch wohl nicht von der Hand zu weisen, dass eine große Auswahl zu einer besseren Auswahl führt. Es muss also das Ziel sein einen enorm breiten Unterbau zu bekommen. Nicht, dass dies die Klientel der DMM sein soll, aber die Aktiver der DMM sind die Verbindung/ die Brücke zwischen Spitzensport und Wettkampfsport. Man sollte so eine Brücke nicht abbrechen.

Da ich also glaube, dass das neue Wettkampfformat der Mannschaftswettkampfe auf Bundesebene weder die erhofften Verbesserungen bewirken wird, noch dem Willen der „Trampolin-Gemeinde“ entspricht, beantrage auch ich, die Modifizierung zurückzunehmen und die DMM in 2005 nach dem bekannten System durchzuführen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Springub
Abteilungsleiter Trampolin TuS Aschendorf
Stützpunktleiter Landesstützpunkt Aschendorf
Mitglied im Landessfachausschuss Trampolin des NTB

Mirko Bott