Über Nicole Maintz

Wenn Angst mitspringt

Furcht vor Verletzungen treibt Nicole Maintz vom Gerät

Vom 21.02.2004 von Andreas Hand

Es wirkte schwerelos, wenn Nicole Maintz durch die Konrad-Frey-Halle flog. Dort tragen die Trampolinturner des MTV Bad Kreuznach ihre Bundesliga-Heimkämpfe aus, und seit August 1999 wirbelte dort auch die gebürtige Aachenerin durch die Luft, reihte Salto an Salto, Schraube an Schraube. Weil die 23-Jährige aber seit einem knappen Jahr Angst beim Springen hat, hat sie nun die Reißleine gezogen – und ihren Rücktritt erklärt.

"Ich habe einfach Angst, dass ich stürze und mich verletze. Auch mein Trainer Steffen Eislöffel wartet mittlerweile schon darauf. Deshalb haben wir uns abgesprochen und entschieden, dass wir einen Schlusspunkt setzen, bevor etwas passiert", sagt die sympathische Sportlerin. Und sie erklärt: "Die Sachen sind zwar im Kopf abgespeichert, aber ich kann sie nicht abrufen. Zumal die Sprünge immer ähnlicher werden, je schwieriger sie sind." Auf alle Fälle ist sie überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. "Das Wasser steht wirklich bis zum Hals", beschreibt sie anschaulich, wie dramatisch die Situation für sie ist. Daran ändert auch nichts, dass sie bislang noch keine wirklich gefährlich Situation erlebt hat. Die Bedenken sind nunmal da, auch der vom Deutschen Turnerbund engagierte Sportpsychologe konnte ihr die Angst nicht nehmen.

Im Mai des vergangenen Jahres lief alles noch bestens. In Kornwestheim wurde die Sportsoldatin mit ihrer Vereinskollegin Anna Dogonadze Deutsche Meisterin im Synchronturnen und belegte Platz zwei im Einzel. "Da hat sie über 102 Punkte geturnt, und ich dachte, das würde ihr noch einmal einen Schub geben", schildert MTV-Coach Eislöffel seine Eindrücke von damals. Denn nach dem Gewinn der Vize-Weltmeisterschaft mit der Mannschaft 2001 in Dänemark war es ihr größter Erfolg. Auch Bundestrainer Michael Kuhn bedauert den Ausstieg seiner Kaderathletin. "Das kommt für uns ziemlich überraschend", sagt er und sprach von "einer weiteren Schwächung" im Bereich des Frauen-Trampolinturnens – insbesondere im Hinblick auf die EM vom 5. bis 12. Juni in Sofia.

Ihr Rücktritt nach 15 Jahren Leistungssport auf dem Trampolin – ab 1989 startete sie für den Burtscheider TV – verändert ihr Leben nachhaltig. Zum einen gehört sie künftig nicht mehr der Sportfördergruppe der Bundeswehr an, sondern muss ab 1. März in der Mainzer Kaserne ihren Dienst verrichten. Zum anderen entfallen die täglichen Trainingseinheiten. Aber sie versichert: "Ich werde mich fit halten, werde auch weiterhin regelmäßig laufen gehen." Dabei wird sie in Zukunft nur auf ihren Trainer verzichten müssen, der sie meist mit dem Rad begleitete. Dem MTV geht sie auf alle Fälle nicht komplett verloren, wie bisher wird sie die Sechs- bis Neunjährigen trainieren.

Comeback in Bundesliga?Deshalb schließt sie ein Comeback auch nicht vollständig aus. "Man weiß ja nie, was passiert. Wenn die Angst weg ist, dann kann ich auch wieder turnen. Vielleicht turne ich im Herbst schon wieder in der Bundesliga mit. Mein Trainer hat mir zugesichert, dass die Tür jederzeit offen steht."

Mirko Bott